creative industries

Die Internet-Branche wurde als Hort neuer Arbeitsformen gehandelt, bevor Krise und Konsolidierung ab 2000 zur Renaissance von Arbeitsteilung und hierarchischer Kontrolle beitrugen.
vor dem hintergrund der fortschreitenden ökonomisierung des kulturbereichs und der wachsenden bedeutung des kreativitäts-imperativs in post-fordistischen produktionszusammenhängen, haben sich „creative industries“-diskurs und -policies zu einem hype entwickelt. so haben etwa die letzten drei eu-präsidentschaften – großbritannien, österreich und jetzt finnland – dem thema einen prominenten platz in ihrer kulturpolitischen agenda eingeräumt.
Diskussion und Fest "Polithype der Kreativwirtschaft"
Mit dem Entstehen der Kulturindustrie verwandelte sich die Virtuosität in Massenarbeit. Zu jenem Zeitpunkt haben die VirtuosInnen begonnen, die Stechkarte zu benützen. In der Tat stellt die Tätigkeit ohne Werk, also das Kommunizieren, das in sich selbst seine Erfüllung findet, in der Kulturindustrie ein prägendes, zentrales, ja notwendiges Element dar.
„Die ganze Welt wird durch das Filter der Kreativindustrie geleitet“ – so könnte das Fazit ausfallen, betrachtete man die Kampagne „Du bist Deutschland!“ durch die Adornosche Brille: „Denn dort kann schließlich einer noch sein Glück machen, sofern er nur nicht allzu unverwandt auf seine Sache blickt, sondern mit sich reden lässt“ (Adorno/Horkheimer 1998: 134; 139f.).
Das Grünbuch beginnt mit den Worten „Everyone is Creative“ und schnell werden die grundlegenden Ideen klar. Der Ansatz besteht darin, den Zugang zu Kunst und Kultur für ProduzentInnen ebenso wie für KonsumentInnen zu erweitern, besonders für jene, die diese Felder bisher nicht als „die ihren“ betrachteten.
Wie zwei ausgezeichnet recherchierte Artikel F.E. Rakuschans (2001a/b) über das MQ belegen, hat man diesen Avantgarde-Effekt auch in Wien zu nutzen gewusst, indem Gruppen und Initiativen in der Umbau phase Räume zur Verfügung gestellt wurden, die der Baustelle MQ Leben eingehaucht haben. Nun, nach der Fertigstellung, sind diese Gruppen nicht mehr da. An ihrer Stelle gibt es einen Verband namens Quartier21, unter welchem sich eine sehr arbiträre Vielfalt von Entitäten verbirgt.
Studien zur den Creative Industries (CI) boomen allerorts. Dies allerdings in verschiedenster Qualität. Während sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung (besonders im internationalen Raum) immer stärker auf Details konzentriert und Tiefenstudien unternimmt, scheinen politische EntscheidungsträgerInnen und PolitikberaterInnen hierzulande immer simplistischeren Konzepten anzuhängen.
KünstlerInnen, von denen auch PolitikerInnen zu wissen meinen, sie seien mehrheitlich eher eigen als artig, werden mit Hilfe maßgeschneiderter Programme aus dem libertinären freiberuflichen Dasein heraus und an unternehmerische Denk- und Organisationsmodelle herangeführt. Unangenehme Gewohnheiten, wie das permanente Nachfragen nach staatlicher Unterstützung und der fortwährende Verbrauch öffentlicher Gelder, können so in Eigeninitiative, Flexibilität und Leistungsbereitschaft umgeformt werden
Sie sind in aller Munde. Von Finnland bis Griechenland, von Großbritannien bis Polen. Sie sollen Arbeitsplätze schaffen, städtische Problemgebiete aufwerten, den Staat entlasten, KünstlerInnen Reichtum bringen. Die Quadratur des Kreises scheint gelungen; die öffentlichen Ausgaben für die Kunst sinken, während sich die Kunst zu neuen Höhepunkten aufschwingt.
Politik, Medien und Wissenschaft feiern begeistert einen neuen Lieblingsbegriff: die Creative Industries. Warum dieser Begriff notwendig war, was er umfasst oder beschreibt, darüber wird noch gestritten. Eines Morgens war er eben da. Der Terminus erfüllt mustergültig alle Anforderungen zeitgeistiger Mediensprache - obwohl englisch, doch nahe genug am Deutschen, dass er auch bei Uneingeweihten angenehm positive Assoziationen weckt: Industrie lässt an blühende Wirtschaftszweige denken, die Wohlstand und Frieden über’s Land bringen; das aber nicht in das öde Grau ausgelaugter Industriegebiete getaucht, sondern in die schillernde Folie der Kreativität.
Offensichtlich habe ich einen Modewechsel verpasst - Überlegungen zu Zielen und Methoden kulturpolitischen Handelns sind out, klingen verstaubt und total uncool; in sind hingegen ganz eindeutig die creative industries (oder cultural industries oder copyright industries) mit ihrem Anklang an die grenzenlose Freiheit des Marktes.