Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen
Seit über zwei Jahren läuft der Fair-Pay-Prozess in der Steiermark, seit über zwei Jahren warten zahlreiche steirische Kunst- und Kulturakteur:innen auf eine Möglichkeit, ihre prekäre Lage zu verbessern. Nun ist es so weit. Die steirische Landesregierung hat eine Sonderförderung für Fair-Pay in Kunst und Kultur 2024 beschlossen. Unterhalb findet ihr unsere Stellungnahme zu den geplanten Maßnahmen.
Nach unserer Kritik und der Berichterstattung zum Thema in der Kleinen Zeitung ist die Landesregierung ins Tun gekommen und hat die mit 600.000 Euro dotierte Ausschreibung für die Sonderförderung „Zuschuss für Fair-Pay in Kunst und Kultur 2024“ vorgelegt.
Wie der Kulturreferent und LH Christopher Drexler (ÖVP) in der Presseaussendung bekanntgegeben hat, setzt diese Maßnahme u.a. „ein klares Bekenntnis zum freiwilligen Ehrenamt “ [sic] und soll „für eine gerechtere Entlohnung sorgen“. Im Zusammenhang mit Fair-Pay ausgerechnet freiwilliges Ehrenamt zu betonen, ist aus der Perspektive von Berufstätigen im Kulturbereich als höchst problematisch anzusehen. Für eine gerechtere Entlohnung für Kulturarbeit braucht es nachvollziehbare Rahmenbedingungen mit einem angemessenen Budget, um langfristig spürbare Auswirkungen zu erreichen. Die angekündigte Sonderförderung entspricht dem leider nicht. Wir können diese somit nur als ein Provisorium für das Jahr 2024 verstehen, das es, wie schon Landesrätin Lackner (SPÖ) in ihre Stellungnahme betont, im Jahr 2025 „weiterzuentwickeln und zu evaluieren gilt“.
Eine Nachbesserung im Jahr 2025 sollte insbesondere folgende Punkte berücksichtigen:
Es braucht eine transparente und dem Gegenstand angemessene Budgeterhöhung.
Die Fair-Pay-Maßnahmen stehen und fallen mit einer entsprechenden Budgeterhöhung, von der sowohl dieses als auch zukünftige Modelle abhängig sind. Noch Anfang April konnte die Landesregierung keine Auskunft zu für Fair-Pay reservierten Mitteln geben. Es wurde darauf verwiesen, dass es nur auf Basis aller eingelangten Anträge möglich wäre, einen konkreten Finanzbedarf zu beziffern. Nun ist dies allem Anschein nach doch möglich gewesen, ohne dabei die Daten aus der Erhebung bzw. die Praxis aus den anderen Bundesländern zu berücksichtigen. Nachdem das Kulturbudget in diesem Jahr um 8,2 Millionen Euro auf insgesamt 85 Millionen Euro erhöht wurde, hat sich die Landesregierung entschieden, nur einen Betrag von 600.000 Euro für die so dringenden Fair-Pay-Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Das ist der gleiche Betrag, der auch von der Stadt Graz für Fair-Pay zur Verfügung gestellt und, wie von Stadtrat Riegler (ÖVP) schon mehrmals betont, nicht ausreichen wird, um eine spürbare Änderung zu erreichen. Bei der im Vergleich zur Stadt fast doppelt so hohen Anzahl an Fördernehmer:innen auf Landesebene wird diese Summe noch weniger bewirken. Die Fair-Pay-Erhebung im Jahr 2023 hat gezeigt, dass das Land allein für die Schließung des Fair-Pay-Gaps bei den mehrjährigen Förderverträgen mindestens 1 Millionen Euro benötigen würde.
Bereits bestehende Ungleichheiten werden verschärft.
Die vorgelegte Ausschreibung benachteiligt diejenigen Fördernehmer:innen, die bis dato nur von einer Förderstelle eine Förderung erhalten haben. Durch die fixen Prozentsätze (Land 24.3 % und Stadt 18.5 %) für die Berechnung des Fair-Pay-Gaps profitieren Fördernehmer:innen, die ohnehin von mehreren Stellen (Stadt, Bund, Land) gefördert werden, stärker als jene, die nur von einer Stelle eine Förderung beziehen. Somit werden bereits bestehende Ungleichheiten verschärft, anstatt die Prinzipien der Fairness zu verfolgen. Die anderen Bundesländer bzw. der Bund berechnen ihren Anteil und somit auch ihren Zuschuss in Bezug auf den allgemeinen Förderanteil der Förderstelle am Gesamtbudget der jeweiligen Einzelförderung. Es wäre wichtig zu prüfen, warum das in anderen Ländern bzw. beim Bund möglich ist und in der Steiermark (angeblich) nicht.
Fair-Pay muss das ganze Jahr gelten.
Das momentane Modell steht nur Fördernehmer:innen zu, die ihre Tätigkeiten im zweiten Halbjahr 2024 durchführen werden. Um niemanden aus der Maßnahme auszuschließen, muss es möglich sein für den Zeitraum des ganzen Jahres Fair-Pay zu beantragen. Mit knapp vier Wochen ist zudem die Antragsfrist bis 31. Mai extrem kurz bemessen.
Der Zuschuss soll in einem Verhältnis zum administrativen Aufwand stehen.
In den Vorgesprächen wurde immer betont, dass in der ersten Phase jene Gehälter und Honorare, die einen besonders hohen Fair-Pay-Gap aufweisen, als erste Zuschüsse erhalten sollen, um somit eine Gerechtigkeit unter den Akteur:innen herzustellen. Aus diesem Grund haben sich einige Bundesländer entschieden, im Vorhinein eine Grenze zu setzen, um transparent und ressourcenschonend zu agieren. Bei der nun in die Wege geleiteten Sonderförderung können alle, die einen Kulturförderungsvertrag mit dem Land Steiermark haben, ansuchen. Eine Grenze wird erst im Nachhinein gezogen, also nachdem alle Anträge bei der Förderstelle eingelangt und für vollständig befunden worden sind. Da schon jetzt klar ist, dass die verfügbaren Mittel bei einer Anzahl von ungefähr 1.000 Fördernehmer:innen beim Land zu gering bemessen sind, um eine entsprechende Wirkung zu erreichen, werden Zuschussansuchende möglicherweise nur eine sehr kleine Summe erhalten.
Es ist somit fraglich inwiefern der Zuschuss dem notwendigen bürokratischen Aufwand gerecht wird. Insbesondere da von Seiten der Antragsteller:innen neben dem Online-Antrag auch ein ausführliches Datenblatt auszufüllen ist. Die Kulturabteilung muss jeden eingereichten Antrag prüfen. Das verursacht einen hohen Verwaltungsaufwand auf beiden Seiten, der potentielle Verzögerungen bei der Abwicklung sowohl der Antragstellung als auch der Abrechnung zur Folge haben kann.
Es fehlt die Treffsicherheit in Bezug auf die gesamtwirtschaftliche Lage der Initiativen.
Es ist als problematisch zu bewerten, dass Initiativen, die Fair-Pay an sich aus eigener Kraft umsetzen könnten, dies aber aufgrund einer ungerechten, internen Lohnpolitik (Spitzenverdiener:innen, Star-Honorare etc.) nicht tun, trotzdem um einen Fair-Pay-Zuschuss ansuchen können. Eine Bewertung der Unterbezahlung von Mitarbeiter:innen bemisst sich nicht nur an der Bezahlung der jeweiligen Person, sondern sollte auch die Gesamtlage der Organisation berücksichtigen.
Die prekäre Grundsituation der Mehrheit der Kunst- und Kulturakteur:innen wurde wiederholt im Rahmen der Kulturstrategie 2030 thematisiert, mit der klaren Forderung nach mehr Budget. Mit dem vorgelegten Budget von 600.000 Euro für Fair-Pay-Maßnahmen ist die Landesregierung dieser Forderung nicht nachgekommen. Es ist unbestreitbar, dass jetzt unbedingt etwas getan werden muss, um den Fördernehmer:innen noch im Jahr 2024 einen Fair-Pay-Zuschuss zu ermöglichen. Festzuhalten ist aber, dass der vorliegende Vorschlag nur ein allererster Schritt zu einer längerfristigen Verbesserung der prekären Arbeitsbedingungen in Kunst und Kultur sein kann, dem weitere Schritte bzw. dringend notwendige Anpassungen folgen müssen. Bei der Planung der Maßnahmen für das Jahr 2025 müssen unbedingt die oben beschriebenen problematischen Punkte berücksichtigen werden, um mit der Maßnahme spürbare, nachhaltige und faire Auswirkungen zu erreichen.