6 Tote, 144 Verletzte. Die bisherige Bilanz des freiheitlich-konservativen Kulturkampfes
Die IG Kultur Österreich hat während der Sommermonate über 150 Kunst- und Kultureinrichtungen nach den Ergebnissen ihrer Subventionsverhandlungen im Bundeskanzleramt/Kunstsektion befragt. Das Ziel dieser Befragung war ein dreifaches: einen Überblick über die tatsächlichen Kürzungen zu erhalten, einen Rahmen zu finden, in dem das kulturpolitische Ziel von Förderentscheidungen festgestellt werden kann und die Konsequenzen darzustellen.
Die IG Kultur Österreich hat während der Sommermonate über 150 Kunst- und Kultureinrichtungen nach den Ergebnissen ihrer Subventionsverhandlungen im Bundeskanzleramt/Kunstsektion befragt. Das Ziel dieser Befragung war ein dreifaches: einen Überblick über die tatsächlichen Kürzungen zu erhalten, einen Rahmen zu finden, in dem das kulturpolitische Ziel von Förderentscheidungen festgestellt werden kann und die Konsequenzen darzustellen.
Ausgangspunkt der Befragung war die Tatsache, dass den einzelnen Abteilungen innerhalb der Kunstsektion in ihren Ordinarien - also bei den Geldmitteln, die die Abteilungen vom Finanzministerium direkt zur Verwaltung zugeordnet bekommen - im Jahr 2000 um 11,8% weniger zur Verfügung standen als 1999. Entsprechend der Abteilungsaufteilung der Kunstsektion des Bundeskanzleramtes nach Kunstsparten wurde auch die Erhebung nach den Sparten Theater, Musik, Bildende Kunst, Literatur, Film, Foto, Neue Medien und Kulturinitiativen gegliedert. Die Erhebung ergab, dass in allen Abteilungen Einsparungen weit über die 11,8%ige Budgetkürzung hinaus vorgenommen wurden. Nahezu alle Kürzungen wurden in den Schreiben der Behörde an die AntragstellerInnen mit "Budgeteinsparungen" begründet. Da viele Kürzungen aber wesentlich höher als 11,8% ausfielen, kann es sich bei diesen nicht um Kürzungen "aus budgetären Gründen", sondern nur um die Umsetzung kulturpolitischer Ziele handeln.
Die überwiegende Mehrheit der Institutionen erhielt von der vorigen Bundesregierung eine "Vorauszahlung" von einem Viertel des Vorjahresbudgets und erst zur Jahresmitte den endgültigen Bescheid und die Gewissheit über die Jahresförderung. Bei den Vorgangsweisen und Zielen (und in Folge vermutlich bei den zu setzenden Gegenstrategien) ist aber zwischen den Ebenen der Ministerentscheidung (die de facto die Entscheidungen des Staatssekretärs sind) und der Abteilungsentscheidung zu unterscheiden. Die Gegenüberstellung der einzelnen Abteilungen ergab folgendes Bild:
Die Kürzungen im Theaterbereich liegen im Durchschnitt zwischen 12% und 20%. Da nur sehr wenige freie Theatergruppen eine Jahresförderung erhalten, war ein Vergleich mit den Vorjahren kaum möglich: Die meisten freien Gruppen erhalten Projekt- bzw. Produktionsförderungen, die jährlich schwanken. Innerhalb der Sparte Theater wird auch Tanz gefördert. Die Probleme im Tanzbereich reichen in die vorige Regierungsperiode zurück, in der eines der wichtigsten Zentren des zeitgenössischen Tanzes, T-Junction, so lange chronisch unterdotiert war, dass die Einrichtung Anfang 2000 aufgegeben werden musste, da auch von der neuen Regierung nicht zu erwarten ist, dass diese die Finanzierung verbessert.
Theater und Musik unterliegen derselben Abteilung, jedoch verschiedenen Beiräten. Im Musikbereich wurden einige Einrichtungen nicht gekürzt. Der Rest teilt sich in zwei gleich grosse Gruppen, von denen die eine Kürzungen um 10% und die andere Kürzungen zwischen 50% und 100% hinnehmen musste. Nur wenige AntragstellerInnen zeigten sich darüber informiert, ob und wann ihr Antrag im Beirat behandelt wurde, mit welchem Ergebnis bzw. wie weit der Entscheidungsprozess oder Aktenlauf gediehen ist.
Im Bereich bildende Kunst betragen die Kürzungen in Durchschnitt 25%. Hier konnte ein Fall dokumentiert werden, wo vom Staatssekretariat eine von der Beiratsempfehlung abweichende Erledigung vorgenommen wurde. Auch in diesem Feld waren nur wenige FördernehmerInnen darüber informiert, ob ihr Antrag im Beirat behandelt wurde und mit welchem Ergebnis.
Der österreichische Film ist der beste Nachweis dafür, wie gefährlich es mitunter sein kann, unter der neuen Regierung als Förderschwerpunkt ausgewählt zu werden. Das Staatssekretariat setzt auf den neoliberalen Kurs und damit auf die Finanzquelle "Kreativwirtschaft". Betroffen sind davon in erster Linie die kleinen und/oder avantgardistischen Initiativen, denn diese sind von den profitorientierten Anforderungen des freien Marktes naturgemäß am allerweitesten entfernt. Programmkinos am Lande oder auch das "Künstlerhauskino" in Wien hatten Kürzungen zwischen 70% und 100% hinzunehmen. Auffallend war, dass es sich oft um kleinere Förderbeträge handelte. Die übrigen ("grösseren") Institutionen wurden zwischen 15% und 35% gekürzt.
Völlige Unklarheit herrschte bezüglich Beiratsempfehlungen bzw. darüber, ob Anträge überhaupt dem Beirat vorgelegt werden. Video, Neue Medien und Film unterliegen derselben Abteilung, die zwei Beiräte einsetzt, den Filmbeirat und den Videobeirat, der auch für Neue Medien zuständig ist. Die meisten Zusagen kamen Ende August während unserer Erhebung. Der Bereich Neue Medien wurde ziemlich einheitlich mit 10% gekürzt. Die Ausnahme bildet hier der Verein Public Netbase, dem anstelle einer Förderzusage eine Wirtschaftsprüfung geschickt wurde.
In der Literarurabteilung werden die Förderungen für Institutionen nicht durch einen Beirat, sondern durch die Beamten der Abteilung beurteilt. Diese haben Kürzungen zwischen 10% und 40% vorgenommen.
Der Fotobeirat berät über das kleinste und somit überschaubarste Budget (öS 10 Millionen). Im Gegensatz zu den anderen Beiräten gibt es zwischen diesem Beirat und den AntragstellerInnen einen regen Informationsaustausch (der über die BeamtInnen abgewickelt wird). Die AntragstellerInnen haben die Möglichkeit, ihre Einreichungen persönlich zu präsentieren. Die Kürzungen in diesem Bereich betrugen zwischen 25% und 40%, zwei Einrichtungen wurden nicht gekürzt.
In der Abteilung Kulturinitiativen entscheidet ein Beirat über Förderungen ab öS 100.000.-. Die Kürzungen betragen im Durchschnitt zwischen 10% und 30%. Einige wenige Projekte/Jahrestätigkeiten blieben ungekürzt. Die AntragstellerInnen haben die Möglichkeit, Kontakt zu den Beiratsmitgliedern aufzunehmen und können in den sie betreffenden Auszug aus dem Beiratsprotokoll Einsicht nehmen. In diese Abteilung fällt auch die Finanzierung der Freien Radios, die aufgrund einer Weisung des Staatsekretariats im Jahr 2000 um mehr als zwei Drittel gekürzt wurde und 2001 zur Gänze gestrichen werden soll.
Diese unterschiedlichen Ergebnisse lassen eine umfassendere Systematik der Förderpolitik nur schwer erkennen. Folgende Punkte sind feststellbar:
Die regierungskritisch agierenden Freien Radios wurden 2000 radikal gekürzt und werden 2001 keine Förderungen mehr erhalten. Die regierungskritische Medienkunsteinrichtung Public Netbase erhielt keine Förderung und wurde mit einer Wirtschaftsprüfung konfrontiert. Die von den BundeskuratorInnen geschaffene Einrichtung "Depot", die unter anderem als Veranstalter (regierungs)kritischer Diskussionen fungiert, wurde um 20% gekürzt, bisher wurde nur ein Viertel der Subvention ausbezahlt.
Das bedeutet, dass sich offen regierungskritisch äußernde Einrichtungen zuerst gekürzt wurden und dies - in den angeführten Fällen - ausschließlich auf Entscheidungen des Staatssekretariats zurückzuführen ist.
Die Konsequenzen dieser Kürzungen sind bei jenen, die über 60% liegen, der Verlust der Struktur, was in diesen Fällen zumeist zum Einstellen der Tätigkeit führt. Bei den übrigen Institutionen zeichnet sich ein recht einheitliches Bild von der Verringerung des Programmangebotes ab, das im Extremfall bis zur Reduktion auf systemerhaltende Tätigkeiten reicht. Einrichtungen mit weniger Veranstaltungs- und mehr Dienstleistungscharakter können nur mit Personalreduktion auf diese Kürzungen reagieren. Die Einstellung von Periodika und die Weitergabe der Kürzungen auf die Honorarforderungen von KünstlerInnen wurde ebenfalls als Konsequenz genannt.
Eine besondere Schwierigkeit bedeutete die lange Zeitspanne bis zum Eintreffen der schriftlichen Subventionszusagen. Die erst im Sommer erfolgten Zu- bzw. Absagen führten dazu, dass die meisten Institutionen bis zur Jahresmitte entsprechend dem Vorjahr planten und arbeiteten. Dies hatte mitunter fatale Folgen, die sich anhand eines Beispieles einfach darstellen lassen: Eine Kürzung in der Höhe eines Arbeitsverhältnisses bedeutet in der Jahresmitte die tatsächliche Auflösung zweier Arbeitsverhältnisse, unter Berücksichtigung von Kündigungsfristen erhöht sich dies auf 2,3. Selbst Institutionen, die bereits im Frühjahr - der neuen Regierung misstrauend - Kündigungen aussprachen, können diese Einsparung (Kündigungsfristen!) erst ab Mitte des Jahres verbuchen. Vereinzelt kam es auch zu Räumungsklagen seitens der Vermieter, da Initiativen mangels Liquidität in der ersten Jahreshälfte ihre Mieten nicht bezahlen konnten.
Die Bekanntgabe Franz Moraks, er habe im Gegensatz zu seinen KollegInnen in den anderen Ressorts mit einer Kürzung von 4,5% für den Kunstbereich sogar einen Erfolg herausgeholt, erwies sich (nicht nur) für die Kulturinitiativen letzten Endes als glatte Unwahrheit. Die erhobenen Zahlen sprechen eine deutlichere Sprache. In allen Abteilungen der Kunstsektion wurden Budgetkürzungen vorgenommen, die das ursprüngliche "Erfolgsergebnis von 4,5%" bei weitem überschreiten. Eine höchst bedenkliche Entwicklung, wenn man sich zugleich vor Augen führt, dass sich die Situation durch fiskalische Begleitmaßnahmen noch zusätzlich verschärft. So ist neben der Verordnung von Sicherheitsgebühren bei Veranstaltungen und vielen anderen Abgabeverpflichtungen vor allem mit der von der Bundesregierung beschlossenen Neuregelung des Postversandtarifs eine weitere Belastung zu erwarten, die insbesondere die kleinen Kulturvereine mit voller Härte treffen wird. Zusätzlich plant der Finanzminister, die Tätigkeit und Einkünfte von Funktionären, Vortragenden und Aufsichtsräten in Hinkunft mit einer 20%igen Abzugssteuer zu belegen.
Die meisten Initiativen werden mit einem eingeschränkten Betrieb auch bei der diesjährigen 10 bis 15%igen Kürzung weiterarbeiten. Die zu erwartenden Kürzungen 2001 und 2002 werden jedoch unweigerlich zum Ende dieser Initiativen führen. Durch dieses systematisch herbeigeführte Aus (das dann auch noch so dargestellt werden kann, als hätten die Kulturschaffenden trotz Förderung das Handtuch geworfen) ergibt sich zugleich ein weiteres "Einsparungspotential", sodass am Ende der Regierungsperiode das von der FPÖ geforderte Ziel einer Halbierung des Kunstbudgets leicht erreicht werden kann.
Den Kürzungen des - ohnehin lächerlich niedrigen - Kunstbudgets muss daher ständig widersprochen werden, eine Aufgabe, die Interessenvertretungen, aber auch Kunstschaffende und Kulturarbeiter zu erfüllen haben. Angesichts der Tatsachen, dass erstens kein Grund besteht, einen derartigen Sparkurs zu fahren und zweitens hohe Summen für Imagekampagnen und sonstige Eitelkeiten der neuen Bundesregierung ausgegeben werden, muss es auch möglich sein, das Kunstbudget wieder zu erhöhen. Daneben muss vor allem eine grössere Transparenz der Förderentscheidung eingefordert werden. Die Kunstbeirätin Brigitte Huck berichtete bei der Podiumsdiskussion "Füttern und Beissen" am 26. September 2000 im Wiener Depot von "eklatanter Nichtbefolgung" von Beiratsempfehlungen. Wobei auch die Beiräte nicht darüber informiert würden, ob die Dinge, die sie empfohlen haben, erledigt werden...
Gabi Gerbasits ist Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich.
@email
Ausgangspunkt der Befragung war die Tatsache, dass den einzelnen Abteilungen innerhalb der Kunstsektion in ihren Ordinarien - also bei den Geldmitteln, die die Abteilungen vom Finanzministerium direkt zur Verwaltung zugeordnet bekommen - im Jahr 2000 um 11,8% weniger zur Verfügung standen als 1999. Entsprechend der Abteilungsaufteilung der Kunstsektion des Bundeskanzleramtes nach Kunstsparten wurde auch die Erhebung nach den Sparten Theater, Musik, Bildende Kunst, Literatur, Film, Foto, Neue Medien und Kulturinitiativen gegliedert. Die Erhebung ergab, dass in allen Abteilungen Einsparungen weit über die 11,8%ige Budgetkürzung hinaus vorgenommen wurden. Nahezu alle Kürzungen wurden in den Schreiben der Behörde an die AntragstellerInnen mit "Budgeteinsparungen" begründet. Da viele Kürzungen aber wesentlich höher als 11,8% ausfielen, kann es sich bei diesen nicht um Kürzungen "aus budgetären Gründen", sondern nur um die Umsetzung kulturpolitischer Ziele handeln.
Die überwiegende Mehrheit der Institutionen erhielt von der vorigen Bundesregierung eine "Vorauszahlung" von einem Viertel des Vorjahresbudgets und erst zur Jahresmitte den endgültigen Bescheid und die Gewissheit über die Jahresförderung. Bei den Vorgangsweisen und Zielen (und in Folge vermutlich bei den zu setzenden Gegenstrategien) ist aber zwischen den Ebenen der Ministerentscheidung (die de facto die Entscheidungen des Staatssekretärs sind) und der Abteilungsentscheidung zu unterscheiden. Die Gegenüberstellung der einzelnen Abteilungen ergab folgendes Bild:
Die Kürzungen im Theaterbereich liegen im Durchschnitt zwischen 12% und 20%. Da nur sehr wenige freie Theatergruppen eine Jahresförderung erhalten, war ein Vergleich mit den Vorjahren kaum möglich: Die meisten freien Gruppen erhalten Projekt- bzw. Produktionsförderungen, die jährlich schwanken. Innerhalb der Sparte Theater wird auch Tanz gefördert. Die Probleme im Tanzbereich reichen in die vorige Regierungsperiode zurück, in der eines der wichtigsten Zentren des zeitgenössischen Tanzes, T-Junction, so lange chronisch unterdotiert war, dass die Einrichtung Anfang 2000 aufgegeben werden musste, da auch von der neuen Regierung nicht zu erwarten ist, dass diese die Finanzierung verbessert.
Theater und Musik unterliegen derselben Abteilung, jedoch verschiedenen Beiräten. Im Musikbereich wurden einige Einrichtungen nicht gekürzt. Der Rest teilt sich in zwei gleich grosse Gruppen, von denen die eine Kürzungen um 10% und die andere Kürzungen zwischen 50% und 100% hinnehmen musste. Nur wenige AntragstellerInnen zeigten sich darüber informiert, ob und wann ihr Antrag im Beirat behandelt wurde, mit welchem Ergebnis bzw. wie weit der Entscheidungsprozess oder Aktenlauf gediehen ist.
Im Bereich bildende Kunst betragen die Kürzungen in Durchschnitt 25%. Hier konnte ein Fall dokumentiert werden, wo vom Staatssekretariat eine von der Beiratsempfehlung abweichende Erledigung vorgenommen wurde. Auch in diesem Feld waren nur wenige FördernehmerInnen darüber informiert, ob ihr Antrag im Beirat behandelt wurde und mit welchem Ergebnis.
Der österreichische Film ist der beste Nachweis dafür, wie gefährlich es mitunter sein kann, unter der neuen Regierung als Förderschwerpunkt ausgewählt zu werden. Das Staatssekretariat setzt auf den neoliberalen Kurs und damit auf die Finanzquelle "Kreativwirtschaft". Betroffen sind davon in erster Linie die kleinen und/oder avantgardistischen Initiativen, denn diese sind von den profitorientierten Anforderungen des freien Marktes naturgemäß am allerweitesten entfernt. Programmkinos am Lande oder auch das "Künstlerhauskino" in Wien hatten Kürzungen zwischen 70% und 100% hinzunehmen. Auffallend war, dass es sich oft um kleinere Förderbeträge handelte. Die übrigen ("grösseren") Institutionen wurden zwischen 15% und 35% gekürzt.
Völlige Unklarheit herrschte bezüglich Beiratsempfehlungen bzw. darüber, ob Anträge überhaupt dem Beirat vorgelegt werden. Video, Neue Medien und Film unterliegen derselben Abteilung, die zwei Beiräte einsetzt, den Filmbeirat und den Videobeirat, der auch für Neue Medien zuständig ist. Die meisten Zusagen kamen Ende August während unserer Erhebung. Der Bereich Neue Medien wurde ziemlich einheitlich mit 10% gekürzt. Die Ausnahme bildet hier der Verein Public Netbase, dem anstelle einer Förderzusage eine Wirtschaftsprüfung geschickt wurde.
In der Literarurabteilung werden die Förderungen für Institutionen nicht durch einen Beirat, sondern durch die Beamten der Abteilung beurteilt. Diese haben Kürzungen zwischen 10% und 40% vorgenommen.
Der Fotobeirat berät über das kleinste und somit überschaubarste Budget (öS 10 Millionen). Im Gegensatz zu den anderen Beiräten gibt es zwischen diesem Beirat und den AntragstellerInnen einen regen Informationsaustausch (der über die BeamtInnen abgewickelt wird). Die AntragstellerInnen haben die Möglichkeit, ihre Einreichungen persönlich zu präsentieren. Die Kürzungen in diesem Bereich betrugen zwischen 25% und 40%, zwei Einrichtungen wurden nicht gekürzt.
In der Abteilung Kulturinitiativen entscheidet ein Beirat über Förderungen ab öS 100.000.-. Die Kürzungen betragen im Durchschnitt zwischen 10% und 30%. Einige wenige Projekte/Jahrestätigkeiten blieben ungekürzt. Die AntragstellerInnen haben die Möglichkeit, Kontakt zu den Beiratsmitgliedern aufzunehmen und können in den sie betreffenden Auszug aus dem Beiratsprotokoll Einsicht nehmen. In diese Abteilung fällt auch die Finanzierung der Freien Radios, die aufgrund einer Weisung des Staatsekretariats im Jahr 2000 um mehr als zwei Drittel gekürzt wurde und 2001 zur Gänze gestrichen werden soll.
Diese unterschiedlichen Ergebnisse lassen eine umfassendere Systematik der Förderpolitik nur schwer erkennen. Folgende Punkte sind feststellbar:
Die regierungskritisch agierenden Freien Radios wurden 2000 radikal gekürzt und werden 2001 keine Förderungen mehr erhalten. Die regierungskritische Medienkunsteinrichtung Public Netbase erhielt keine Förderung und wurde mit einer Wirtschaftsprüfung konfrontiert. Die von den BundeskuratorInnen geschaffene Einrichtung "Depot", die unter anderem als Veranstalter (regierungs)kritischer Diskussionen fungiert, wurde um 20% gekürzt, bisher wurde nur ein Viertel der Subvention ausbezahlt.
Das bedeutet, dass sich offen regierungskritisch äußernde Einrichtungen zuerst gekürzt wurden und dies - in den angeführten Fällen - ausschließlich auf Entscheidungen des Staatssekretariats zurückzuführen ist.
Die Konsequenzen dieser Kürzungen sind bei jenen, die über 60% liegen, der Verlust der Struktur, was in diesen Fällen zumeist zum Einstellen der Tätigkeit führt. Bei den übrigen Institutionen zeichnet sich ein recht einheitliches Bild von der Verringerung des Programmangebotes ab, das im Extremfall bis zur Reduktion auf systemerhaltende Tätigkeiten reicht. Einrichtungen mit weniger Veranstaltungs- und mehr Dienstleistungscharakter können nur mit Personalreduktion auf diese Kürzungen reagieren. Die Einstellung von Periodika und die Weitergabe der Kürzungen auf die Honorarforderungen von KünstlerInnen wurde ebenfalls als Konsequenz genannt.
Eine besondere Schwierigkeit bedeutete die lange Zeitspanne bis zum Eintreffen der schriftlichen Subventionszusagen. Die erst im Sommer erfolgten Zu- bzw. Absagen führten dazu, dass die meisten Institutionen bis zur Jahresmitte entsprechend dem Vorjahr planten und arbeiteten. Dies hatte mitunter fatale Folgen, die sich anhand eines Beispieles einfach darstellen lassen: Eine Kürzung in der Höhe eines Arbeitsverhältnisses bedeutet in der Jahresmitte die tatsächliche Auflösung zweier Arbeitsverhältnisse, unter Berücksichtigung von Kündigungsfristen erhöht sich dies auf 2,3. Selbst Institutionen, die bereits im Frühjahr - der neuen Regierung misstrauend - Kündigungen aussprachen, können diese Einsparung (Kündigungsfristen!) erst ab Mitte des Jahres verbuchen. Vereinzelt kam es auch zu Räumungsklagen seitens der Vermieter, da Initiativen mangels Liquidität in der ersten Jahreshälfte ihre Mieten nicht bezahlen konnten.
Die Bekanntgabe Franz Moraks, er habe im Gegensatz zu seinen KollegInnen in den anderen Ressorts mit einer Kürzung von 4,5% für den Kunstbereich sogar einen Erfolg herausgeholt, erwies sich (nicht nur) für die Kulturinitiativen letzten Endes als glatte Unwahrheit. Die erhobenen Zahlen sprechen eine deutlichere Sprache. In allen Abteilungen der Kunstsektion wurden Budgetkürzungen vorgenommen, die das ursprüngliche "Erfolgsergebnis von 4,5%" bei weitem überschreiten. Eine höchst bedenkliche Entwicklung, wenn man sich zugleich vor Augen führt, dass sich die Situation durch fiskalische Begleitmaßnahmen noch zusätzlich verschärft. So ist neben der Verordnung von Sicherheitsgebühren bei Veranstaltungen und vielen anderen Abgabeverpflichtungen vor allem mit der von der Bundesregierung beschlossenen Neuregelung des Postversandtarifs eine weitere Belastung zu erwarten, die insbesondere die kleinen Kulturvereine mit voller Härte treffen wird. Zusätzlich plant der Finanzminister, die Tätigkeit und Einkünfte von Funktionären, Vortragenden und Aufsichtsräten in Hinkunft mit einer 20%igen Abzugssteuer zu belegen.
Die meisten Initiativen werden mit einem eingeschränkten Betrieb auch bei der diesjährigen 10 bis 15%igen Kürzung weiterarbeiten. Die zu erwartenden Kürzungen 2001 und 2002 werden jedoch unweigerlich zum Ende dieser Initiativen führen. Durch dieses systematisch herbeigeführte Aus (das dann auch noch so dargestellt werden kann, als hätten die Kulturschaffenden trotz Förderung das Handtuch geworfen) ergibt sich zugleich ein weiteres "Einsparungspotential", sodass am Ende der Regierungsperiode das von der FPÖ geforderte Ziel einer Halbierung des Kunstbudgets leicht erreicht werden kann.
Den Kürzungen des - ohnehin lächerlich niedrigen - Kunstbudgets muss daher ständig widersprochen werden, eine Aufgabe, die Interessenvertretungen, aber auch Kunstschaffende und Kulturarbeiter zu erfüllen haben. Angesichts der Tatsachen, dass erstens kein Grund besteht, einen derartigen Sparkurs zu fahren und zweitens hohe Summen für Imagekampagnen und sonstige Eitelkeiten der neuen Bundesregierung ausgegeben werden, muss es auch möglich sein, das Kunstbudget wieder zu erhöhen. Daneben muss vor allem eine grössere Transparenz der Förderentscheidung eingefordert werden. Die Kunstbeirätin Brigitte Huck berichtete bei der Podiumsdiskussion "Füttern und Beissen" am 26. September 2000 im Wiener Depot von "eklatanter Nichtbefolgung" von Beiratsempfehlungen. Wobei auch die Beiräte nicht darüber informiert würden, ob die Dinge, die sie empfohlen haben, erledigt werden...
Gabi Gerbasits ist Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich.