Queer-feministisch gegenöffentlich

Tiger feint Kick – die harte Bretterbohrmaschine

Die Medienlandschaft verändert sich massiv – und das nicht nur bei den etablierten Medien. Auch selbstorganisierte Gegenöffentlichkeiten haben in den letzten 15 Jahren diverse Verwerfungen erfahren. Das liegt zum einen an strukturellen Schwierigkeiten, wie etwa der Unterfinanzierung im Printbereich oder der Aufhebung des ermäßigten Zeitschriftenversandes, und zum anderen daran, dass im Onlinebereich eine teilweise wildwuchernde Landschaft entstanden ist, die manchmal ebenso schnell verschwindet, wie sie auftauchte. Zwar gelingt es bisweilen manchen Selbstorganisationen und sozialen Bewegungen, im Web Gegenöffentlichkeit herzustellen, wie es etwa die #unibrennt-Bewegung bewies und aktuell erstaunlich gut auch das #refugeecamp schafft. Dies verdeutlicht auch, welches technische Know-how und welche Ressourcen relativ schnell zur Verfügung stehen, um solche Kanäle aufzubauen. Ohne die großen Web 2.0-Anbieter geht es jedoch meistens fast gar nicht.

Für eine kontinuierliche Arbeit an Gegenöffentlichkeit haben sich sicherlich die freien Radios und Fernsehstationen etabliert, aber im geschriebenen Wort versickert der Protest meist unkoordiniert und oftmals unauffindbar in den unendlichen Weiten heutiger Blog- und Kurznachrichtenanbieter sowie Selbstdarstellungsseiten. Was aber tun, um schneller und radikaler Kritik an den diversen grassierenden Diskriminierungsformen etwas entgegen zu halten? Ein gutes Beispiel dafür könnte die Etablierung eines Nachrichten-Netzwerkes sein, das verschiedene Kanäle miteinander verknüpft. Und wenn ich mir was wünschen dürfte, würde da auch ein radikaler, feministischer Queer-Kanal zu finden sein. Angesichts der immer dreister werdenden religiösen Fundis, die glauben, Gott und die heilige Familie verteidigen zu müssen, wäre es an der Zeit, ihren homo- und transphoben Auswüchsen Einhalt zu gebieten. Beispiele gibt es hierzulande genug, allen voran die (Wiener) ÖVP, die verzweifelt versucht, Aufmerksamkeit zu generieren – gerne auch mit den Mitteln der Entmündigung, mit Vorwürfen der Indoktrinierung oder mit einer allgemeinen Sexpanik, wie sie schon längst nicht mehr für möglich gehalten wurde.

Queer-feministische Kritik in gesammelter Form wäre sicherlich vonnöten, denn so leicht Gegeninformationen grundsätzlich herstellbar und zugänglich sind, so schnell verschwinden sie im Orkus der Nachrichtenflut. Besonders prekär sind dabei Beiträge auf den Kanälen der Web 2.0-Anwendungen, deren Chance, gesehen zu werden, eher steigen, wenn sie #catcontent beinhalten. Vielleicht könnten die Etablierung neuer Kanäle und die Verstrickung mit alten hilfreich sein, Diskussionen und Gegenöffentlichkeit wieder Raum zu geben. Im Moment verschwinden auf Twitter geführte Diskussion leider im Nichts, selbst wenn sie von Medienprofis wie @smsteinitz und @corinnamilborn geführt werden und es um so wichtige Fragen wie etwa jener geht, mit welcher Sprache Medien über sexuelle Gewalt gegen Kinder berichten sollen. Es gibt zahlreiche aktivistische Kontexte, die sich seit Jahrzehnten mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigen. Dabei handelt es sich um Wissen, das es wert wäre, weiter verbreitet zu werden, anstatt es immer nur in den eigenen Szenen zu verwahren. Schließlich geht es darum, mehr Öffentlichkeit zu generieren und diese zu beeinflussen. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das angesammelte, differenzierte Wissen in aktivistischen oder etwa auch universitären Kreisen immens ist.

@matahari_etc

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